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K.P. Ronay - Beschreibung einer Visier-Filmszene

in DVD-, TV- und Bücher Tips 29.06.2012 21:10
von von Wieseneck Nachwuchskader | 37 Beiträge

Es gibt ein Buch, das heißt "Die DEFA. Episoden". Es stammt von Klaus Ronay. Das ist derjenige, der im neunten Teil den Menzel spielt. Er beschreibt u.a. in seinem Buch die Filmszene, als er in der alten Fabrik verfolgt und erschossen wird und dann auf das Auto abstürzt. Seine Eindrücke dazu sind nicht die besten.

Ich zitiere mal den Text aus dem Buch:

Gelinkt
Wie man von einem Regisseur in die Pfanne gehauen werden kann, zeigt dieses Beispiel.
Wir drehten „Das unsichtbare Visier“ fürs Fernsehen.

Das war eine so genannte Kundschafterserie. Jede Folge hatte Spielfilmlänge. Ein Offizier der Hauptverwaltung Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit kundschaftete die bösen Absichten des Klassenfeindes aus. Auf der ganzen Welt.

Ich spielte einen Mann, der von den bösen Geheimdienstleuten der anderen Seite, irrtümlich für unseren Hauptdarsteller gehalten wird. Sie schießen ihn ab. Diese Rolle war natürlich mit einer Kascade verbunden.

Sie erwischen ihn in einer Lagerhalle. Er versucht ihnen zu entkommen, indem er in die Dachkonstruktion klettert. Von mehreren Schüssen getroffen, stürzt er aus fünf Metern Höhe auf ein unter ihm stehendes Auto. Das zu treffende Polster war die Ladefläche eines Pick-Up und maß 1,50 Meter in Quadrat. Wenn ich danebenfallen sollte, würde ich auf den Betonfußboden knallen. Schlecht für mich.

Zu allem Überfluss würde das Auto dann auch noch explodieren. Erschwerend bei der ganzen Angelegenheit war, dass ich den Sturz quasi blind ausführen musste. Ich sollte rückwärts abstürzen, konnte also nicht sehen wohin ich stürzen würde. Ein hundsgemeines Gefühl, kann ich ihnen sagen.

In dieser Halle gab es, auf halber Höhe, eine Balustrade. Sie sollte noch eine wichtige Rolle spielen. Meist arbeiten Regisseure und Kameraleute mit den ausführenden Kascadeuren, was den Kamerastandpunkt anbelangt, zusammen. Zumindest haben sie ein offenes Ohr für Vorschläge. Hier war das nicht so.

Ich machte den Vorschlag, die Kamera auf ein kleines Stativ zu stellen und so, mit der Ladefläche des Kleinlasters am unteren Bildrand im Anschnitt, den kletternden Mann aufzunehmen. Wenn er dann abgeschossen wurde, stürzte er fast auf die Kamera zu.
Das Ganze, in geringer Zeitlupe gedreht, würde sehr effektvoll aussehen.

Mein Vorschlag wurde abgelehnt. Ja, kaum zur Kenntnis genommen. Sie stellten die Kamera auf diese Balustrade. Das konnte nichts werden, sagte mir mein Gefühl.

Wir drehen. Ich klettere in die Dachkonstruktion, bekomme die Kugeln und stürze ab.
Noch einmal. Zur Sicherheit. Ich klettere in die Dachkonstruktion, bekomme die Kugeln, stürze ab und hole mir eine prächtige Wirbelsäulenstauchung. Kein Vergnügen.
Damit war die Sache erledigt, sollte man meinen. Ich hatte meine Arbeit getan und war zufrieden.

Ein paar Tage später. Ich treffe einen Fernsehkascadeur. Er nimmt mich zur Seite.
„Sag mal, warum wollen die Deinen Stunt noch einmal drehen?“
Ich dachte, mein Hamster bohnert.
„Was wollen die?“
„Na, Deinen Sturz noch einmal drehen, der Regisseur ist der Meinung, dass es nicht gut aussieht und jetzt soll ich es machen, weil Du keine Ahnung hast. Aber ich habe mir Deinen Sturz in der Vorführung angesehen. War doch alles in Ordnung. Die Kamera hätte unten stehen müssen, doch das ist ja nicht Dein Ding. So, ich muss weiter. Tschüs.“

Ich kochte vor Wut. Das war Rufmord. Was tun. Den Regisseur zur Rede stellen? Das brachte gar nichts. Ich musste, so schwer es mir auch fiel, die Sache auf sich beruhen lassen. Ich sprach später noch einmal mit dem Kascadeur, der den Stunt wiederholte.
Er hatte die Kascade genauso absolviert, wie auch ich es getan hatte. Nur, dass die Kamera bei seinem Sturz dort stand, wo ich es vorgeschlagen hatte.

Nett, wie der Regisseur war, hatte er seine Fehlentscheidung, bezüglich des Kamerastandortes, auf meine Schultern abgeladen. Es war das einzige Mal, in vielen Jahren, dass mir so etwas passierte. Wenn man schon einen Fehler gemacht, dann sollte man auch Manns genug sein, um ihn zuzugeben.

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